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Freitag, 4. März 2016

Weltwirtschaft: »Seit den Wikingern keinen so schwachen Markt erlebt«

Weltwirtschaft: »Seit den Wikingern keinen so schwachen Markt erlebt«

Markus Gärtner

Landtagswahlen. Flüchtlinge. Die Wut auf das Berliner Parteien-Kartell. Dazu der Drogenskandal eines Grünen-Abgeordneten. Und eine autistische Kanzlerin. Das beschäftigt die Deutschen in den Tagen vor dem 13. März. Doch diese Aufzählung ist unvollständig. Das Wichtigste fehlt. Die Weltwirtschaft ist im freien Fall. Und wir in Deutschland sind völlig unvorbereitet.

Uns wird täglich von den Mainstreammedien von »schwarzen Nullen«, einer hohen Beschäftigung und rekordhohen Steuereinnahmen berichtet. Dass wir im direkten Anflug auf die nächste Wirtschaftskrise sind, geht unter.
Mit der Analyse in Südamerika zu beginnen, scheint weit hergeholt. Doch dort versinkt der Ölförderstaat Venezuela wirtschaftlich und sozial im Chaos. Die größte Volkswirtschaft auf dem südlichen Teil des amerikanischen Doppelkontinents – Brasilien – erlebt sogar die schwerste Wirtschaftskrise in den letzten Jahrzehnten und treibt direkt in die Arme des Internationalen Währungsfonds.

Die von einem riesigen Korruptionsskandal gelähmte Regierung der Arbeiterpartei kann den Staatshaushalt, der ein Defizit von zehn Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung Brasiliens aufweist, nicht mehr kontrollieren. Denn drei Viertel der Ausgaben sind quasi tabu: Es sind finanzielle Leistungen des Wohlfahrtsstaates sowie regionale Finanzausgleiche mit wirtschaftlich schwachen Teilen des Landes.
»Es gibt eine enorme Haushaltskrise, und uns droht die Rückkehr der Hyperinflation«, beklagt Raul Velloso, der frühere Staatssekretär des Planungsministeriums. »Das Vertrauen in das Schuldenmanagement der Regierung ist kollabiert, uns steht die Zahlungsunfähigkeit bevor.«
Brasilien muss auf seine zehnjährigen Staatsanleihen bereits sieben Prozent Zinsen zahlen, wasdem Land die Luft abschnürt. Fünf Research-Institute haben allein in den vergangenen zwei Wochen gewarnt, dass ein gefährlicher Schuldenstand erreicht sei. Und die großen Ratingagenturen haben Brasiliens Rating auf Ramschstatus nach unten korrigiert.

Doch so weit wie nach Südamerika muss man dieser Tage gar nicht schweifen, um besorgt über die Entwicklung der Weltwirtschaft zu sein. Das Wachstum in der Euro-Zone ist so schwach wie seit einem Jahr nicht mehr. »Der Aufschwung verliert auf breiter Front an Dynamik«, sagt der Chefvolkswirt bei Markit, einem Institut, das uns monatlich den Einkaufsmanager-Index liefert.

Und der signalisiert das geringste Wachstum seit 13 Monaten. In allen vier führenden Volkswirtschaften der Zone lässt das Wachstum – das ohnehin seit Jahren nicht überzeugt – nach. In Frankreich wird zum ersten Mal seit einem Jahr eine schrumpfende Wirtschaft signalisiert.

In einem Research-Papier mit dem Titel »Nahe am Kliff« warnen diese Woche die Volkswirte der Credit-Suisse-Bank sogar, dass eine erneute Rezession die Euro-Zone, sprich den Euro, zum Einsturz bringen kann. »Wenn die Euro-Zone zurück in eine Rezession fällt, ist nicht klar, ob diese eine Zukunft hat.«

Das Wachstum in der Euro-Zone ist geringer als in den USA und dem Rest der EU. Und das trotz rekordniedriger Ölpreise, fast kostenloser Kredite und einem schwachen Euro, der den Exportenhilft.

Aus der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, China, hören wir derweil, dass der Index der Einkaufsmanager für die Industrie im Februar auf unter 50 gefallen ist, was eine Rezession signalisiert. Das Barometer fällt seit sieben Monaten. Und das, obwohl China für 2015 bereits die schwächste Konjunktur in 25 Jahren auswies.

Die Reedereien dieser Welt sehen diesen Stillstand förmlich in ihren Frachtschiffen. Der Hauptaktionär der Golden Ocean Group, der aus Norwegen stammende Milliardär John Fredriksen, sieht ein Frachtgewerbe, das noch nie in der modernen Geschichte so schwach war. »Im Massentransport von Trockenware haben wir seit den Wikingern keinen so schwachen Markt erlebt«, sagt er.

Kein Wunder, dass die Notenbanken seit dem Vietnam-Krieg unter dem Strich nicht mehr so viel Gold gekauft haben wie seit der Finanzkrise 2008. Sie sehen schon die nächste im Anflug.



Staatsbankrott? »Aber ein Staat kann doch nicht Pleite gehen!«
Ach nein? Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Alleine Deutschland war im vergangenen Jahrhundert bereits zweimal bankrott, was viele gerne verdrängen. Tatsache ist, dass es in den letzten 30 Jahren ernsthafte Währungskrisen in über 80 Ländern gegeben hat, die oft in den Total-Bankrott führten.



Anmerkungen:


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