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Freitag, 22. Januar 2016

Atomgefahr: Weltweite Sicherheitslücken, steigendes Risiko für Diebstahl und Sabotage

Atomgefahr: Weltweite Sicherheitslücken, steigendes Risiko für Diebstahl und Sabotage

Andreas von Rétyi

Ein jetzt veröffentlichter Bericht lässt nur wenig Gutes hoffen. Trotz der Bemühungen, nukleares Material unter möglichst sicheren Bedingungen zu lagern, nimmt das Risiko unbefugten Zugriffs zu. Das geht aus der aktuellen Analyse hervor. 45 Staaten, die über Nuklearanlagen verfügen, kämpfen mit vielfachen Problemen, auch nur die grundlegenden Maßnahmen gegen Sabotage, Diebstahl und diverse Sicherheitsbrüche zu ergreifen.

Die Initiative zur Nuklearbedrohung (Nuclear Threat Initiative, NTI) bemüht sich seit rund 15 Jahren um eine Reduzierung nuklearer, biologischer und chemischer Waffen sowie um die verbesserte Sicherheit bestehender Arsenale. In ihrem aktuellen Bericht, veröffentlicht vor wenigen Tagen, warnen die NTI-Experten vor weiterhin bestehenden, nicht zu unterschätzenden Gefahren unterschiedlichster Natur. Denn trotz aller Anstrengungen, waffenfähiges, gefährliches Nuklearmaterial abzusichern, bestehe eine sogar immer noch wachsende Bedrohung durch Sabotage, Cyberangriffe oder Diebstahl. Hochbrisantes Material könnte schnell in die falschen Hände gelangen.

Bekanntlich werden schon lange Szenarien diskutiert, in denen Terroristen in den Besitz von Nuklearwaffen gelangen oder gezielt eine Kernschmelze auslösen. Gesunde Skepsis scheint angebracht, sobald pauschal von »Terror« die Rede ist  viele winken dabei nur ab, erinnern an schlagkräftige Argumente für wiede–rholte Operationen unter falscher Flagge; sie erinnern auch an die zahlreichen instrumentalisierten Diktatoren und Terroristen und ans komplette Schema einer manipulativen globalen Politik, der man einfach nichts mehr abkaufen will und kann.

Darüber hinaus stellt sich wohl auch die Frage, wo sich insbesondere Kernwaffen überhaupt in richtigen Händen befinden – gerade in Zeiten, in denen ihre Nutzung wieder wahrscheinlicher wird.

»Abschreckung« kann nur wirksam sein, wenn eine reale Gefahr besteht. Und diese Gefahr wächst aus verschiedenen Gründen. Die nachhaltige Wirkung der Abschreckung dürfte durch den tragischen Umstand garantiert sein, dass bereits ein Atomkrieg geführt wurde. Und vor welchem Hintergrund! Man denke nur an die Rechtfertigungen für Hiroshima und darüber hinaus gerade auch Nagasaki, Argumente, wie sie teils noch heute anzutreffen sind! Wer für den Einsatz einer Kernwaffe verantwortlich zeichnet, ist ganz im Wortsinne ein Terrorist, der Massenvernichtung anstrebt.

In der Gegenwart täuscht selbstverständlich nichts darüber hinweg, dass eine Diskussion zu potenziellem Kernwaffendiebstahl und potenzieller Kernwaffensabotage geführt werden muss. Eine Dimension des Schreckens jenseits jeglicher Kontrolle. Laut dem aktuellen NTI-Bericht verfügen 24 Staaten über ein Kilogramm oder sogar noch größere Mengen von waffenfähigem Nuklearmaterial, wobei dem Papier zufolge weltweit über 2000 metrische Tonnen von zur Herstellung von Kernwaffengeeignetem Material gelagert werden, und zwar bei einer immer noch hohen Diebstahlgefahr. Das zumindest erklärt NTI-Chef Sam Nunn zum aktuellen Papier, dem NTI NuclearSecurity Index: Theft – Sabotage. Building a Framework for Assurance, Accountability, and Action.

Dieser Bericht läuft auf ein Ranking der Atomnationen hinaus und stuft sie nach deren Sicherheitsvorkehrungen ein. Das Ergebnis darf als alarmierend bezeichnet werden, denn »mehr als 80 Prozent aller für Nuklearsprengungen geeigneten Materialien befänden sich in den Händen von Militärs, deren Praktiken und Schutzmaßnahmen nicht durch entsprechende internationale Sicherheitsübereinkünfte zu solchen Materialien abgedeckt sind«, gibt die Studie zu verstehen. Hier müssten dringend die erforderlichen Schritte unternommen werden. Wie Nunn es ausdrückt: »Wir befinden uns in einem Wettlauf zwischen Kooperation und Katastrophe, und die Weltenlenker müssen schneller rennen.«

Nur wenige hätten sich entschlossen, die Bestände komplett zu beseitigen, die Bereitschaft dazu habe abgenommen. Mit der Zeit wächst das Risiko natürlich, und ganz gleich, welche Motive und Verflechtungen letztendlich zur Verwirklichung eines nuklearen Horrorszenarios führen, für Nunn ist klar: »Brutale Attacken und Ereignisse, verursacht durch ISIL, al-Qaida, Boko Haram und andere Organisationen nehmen zu und lassen das Schreckgespenst katastrophalen nuklearen Terrorismus erwachen, wenn sie oder andere Terroristen die Kontrolle über gefährliches Kernmaterial erhalten … Und das ist es natürlich, was wir unbedingt verhindern müssen.«

Unter den 24 oben erwähnten Staaten glänzt Australien durch die schärfsten Sicherheitsvorkehrungen; Japan hat sich darin wesentlich gesteigert, was nach Fukushima 2011 kein Wunder ist. An letzter Stelle stehe demgegenüber Nordkorea. Frankreich, die USA und das Vereinigte Königreich dominieren unter den nuklearbewaffneten Staaten, wobei die USA, Indien, Russland und Großbritannien dem NTI-Bericht zufolge die deutlichsten Verbesserungen zeigten.

Unter den übrigen Staaten, die über weniger als ein Kilogramm an Nuklearmaterial verfügen, stehe Schweden am besten da; in dieser Riege habe sich Dschibuti wiederum durch die effektivsten Verbesserungen hervorgetan. Nur: Die Untersuchung stellt andererseits fest, dass seit 2014 inverschiedenen Bereichen keinerlei positive Veränderungen stattgefunden hätten – so auch bei der wirksamen Sicherung von hoch angereichertem Uran und Plutonium.

Das betrifft unter anderem direkte Schutzmaßnahmen an Ort und Stelle, die Kontrolle und Bestandsaufnahme, die Prävention von »Insidergefahren« (dem Risiko, dass sich autorisiertes Personal Zugriff verschafft und Nuklearmaterial stiehlt, um Kriminelle und Terroristen zu unterstützen) oder auch die physische Absicherung beim Transport. Bemerkenswert war für die Ermittler, dass nahezu die Hälfte aller untersuchten Nationen nicht eine einzige Voraussetzung erfüllte, um die Cybersicherheit zu gewährleisten. Zu diesem Aspekt schafften gerade einmal neun Länder den Sprung zur Bestnote. Finnland stand ganz oben auf der Liste jener Nationen, die hier Unterstützung benötigen. Erstmals geht überhaupt das Risiko von Cyberattacken und Sabotage in die Bewertung ein.

Dieser ungewöhnliche Wettbewerb wird wohl zunehmend bedeutsamer, wo doch die Atommächte gegenwärtig wieder sehr hörbar mit den Säbeln rasseln. Doch die Welt hat den Überblick über ihre Atomwaffen längst verloren. Nach dem (vorläufigen) Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums fand ein atomarer Ausverkauf der Bestände statt, in einem Ausmaß, dass viele, die auf dieses Material Zugriff hatten, auch Geld damit machen wollten. Da wurden entsprechende Sprengköpfe sogar Privatpersonen unter der Hand zum Kauf angeboten.

Und die Schwemme an hochspezialisierten Kernphysikern, die an sowjetischen Nuklearprojekten gearbeitet hatten und nun mit bloßen Händen dastanden, war auch nicht gerade beruhigend. EinAtomwissenschaftler ohne Arbeit kann sehr schnell selbst zur tickenden Zeitbombe werden – der Lebensunterhalt will weiter verdient werden, und das sehr spezifische Wissen ist gefragt. An wen würden sich diese Experten wenden?

So bestand eindeutig Handlungsbedarf. Das erkannte 1991 auch Sam Nunn, damals demokratischer Senator im US-Bundesstaat Georgia. Zusammen mit dem republikanischen Senator Richard Green Lugar rief er das Nunn-Lugar Cooperative Threat Reduction Program ins Leben: Im Zuge dieses Projekts sollten die sowjetischen Gefechtsköpfe entschärft und damit auch die zahlreichen Techniker und Wissenschaftler wieder beschäftigt werden. Insgesamt erhielten mit der Zeit mehr als 20 000 Nuklearforscher wieder einen Job, und damit waren auch sie gewissermaßen »entschärft«.

Lediglich den Vereinigten Staaten sollte ihr Wissen dienlich sein, und so bemühte man sich darum, viele Fachkräfte ins Land zu holen. Gleichzeitig wollte die CIA den Iran mit Desinformationen versorgen und startete dazu die Operation Merlin, die allerdings hoffnungslos schiefging. Dabei sollte ein unverdächtig wirkender, ehemals sowjetischer Atomwissenschaftler die – natürlich zuvor manipulierten – Baupläne für einen nuklearen Zündmechanismus aus der Geheimanlage Arzamas-16 an den Iran »verraten« und dabei als enttäuschter, arbeitsloser Experte auftreten.

Wie gesagt, die Sache verlief fatal, der Forscher wollte auf eigene Rechnung arbeiten. Er deutete seinen neuen Partnern die Manipulation an, allerdings nicht ohne den Hinweis, bei der Klärung dieser technologischen Frage helfen zu können. Was ursprünglich als geheimdienstliche Sabotageaktion geplant war, geriet daher schlussendlich zu einem Förderprogramm für den Iran, der tatsächlich bald ungewöhnlich intensive Aktivitäten entfaltete. Seltsam: Nach dem Misserfolg der Operation Merlin setzte dann eine bemerkenswerte Todesserie unter iranischen Atomexperten ein.

Die USA jedenfalls verfolgen die unterschiedlichsten Pfade, um auf dem atomaren Waffensektor zu dominieren. Und wieder wird aufgerüstet. Doch wie gesagt, den Überblick über die atomarenBestände dieses Planeten dürfte schon seit langer Zeit niemand mehr haben, und das alles schafft eine zunehmend bedrückende Situation.

Man darf davon ausgehen, dass Sam Nunn und seine Initiative nicht auf das alte Spiel mit dem Terror setzen, sondern dass es wirklich ernst gemeint ist, wenn es um Sabotage und Diebstahl von Atommaterial geht. Wer hier auch immer am Hebel sitzt, die Gefahr, dass der Hebel in Bewegung gesetzt wird, besteht nicht nur weiterhin, sondern nimmt deutlich zu.






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